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11-7-96
http://www.t0.or.at/~diagonale/hypermed/papier1.htm
: MISERA MEDIA
: 6 - PUNKTE PLAN
Arbeitskreis Hypermedia
Misera Media Salzburg, Dezember 95
Der Wissenstand der massgeblichen Vertreter in Politik, Medien und
Administration in Oesterreich ist miserabel.
Wir stehen vor der fahrlaessigen Gefaehrdung der demokratiepolitischen
Grundlagen und der Aufgabe des Wirtschaftsstandorts Oesterreich. Waehrend die
medienrechtliche Basis dieser neuen Technologien bereits obsolet ist und
strukturpolitisch notwendige Massnahmen vernachlaessigt werden, ist der
Ausverkauf des oeffentlichen elektronischen Raums in vollem Gange.
Der oeffentlich rechtliche Kulturauftrag im Cyberspace wird nicht erfuellt und
die Problemstellungen einer Informationsoekologie und Oekonomie der
postindustriellen Gesellschaft werden nicht wahrgenommen.
Einer sich radikal veraendernden Arbeitswelt wird mit voellig untauglichen
beschaeftigungspolitischen Massnahmen begegnet.
Aufgrund dieser katastrophalen soziokulturellen Entwicklungen hat die
Arbeitsgruppe Hypermedia als Plattform aktiver KulturarbeiterInnen ein Programm
erstellt, das ein Massnahmenpaket von 6 Forderungen enthaelt:
1. Public Access
Wir gehen von einem Grundrecht auf Information aus, das es allen ermoeglicht,
an den digitalen Netzwerken teilzunehmen (Telefonzugaenge, Kontrahierungszwang
fuer Netzprovider und Kabelanbieter).
So, wie fuer den allgemeinen Zugang zu Wissen und Literatur Bibliotheken
geschaffen wurden, muessen im digitalen Zeitalter oeffentliche Instititutionen
kostenlos vernetzt und zugaenglich sein.
Es bedarf auch einer entsprechenden Bereitstellung von Netzzugaengen fuer alle.
Zum Beispiel durch die Errichtung von Hardwarestationen im oeffentlichen Raum.
Die drastische Senkung der Ortsgebuehren, zum Beispiel in Form eines
Basistarifs (bei Ausweitung der Gebuehrenbefreiung) beschleunigt die
Entwicklung der digitalen Informationskultur.
2. Bildung und Erziehung - Das Ruestzeug fuer das 21. Jahrhundert
Es ist notwendig, dass in Bildungseinrichtungen ein kritischer und
verantwortungsvoller Umgang mit neuen Medien vermittelt wird. Dabei muss
klargemacht werden, dass kommunikative Kompetenz eine technische und eine
soziale Komponente hat. Der souveraene Umgang mit der "Maus" ist genauso
wichtig, wie eine Orientierungs- und Handlungsfaehigkeit im Cyberspace.
In diesem Zusammenhang muss daraufhin gewiesen werden, dass der Zugang zu den
neuen Medien bestimmten Bevoelkerungsgruppen erschwert ist und besonderer
Foerderungsmassnahmen bedarf.
3. The Right to Know
Oeffentliche Datenbestaende, Gesetzgebungsvorhaben (Ministerialentwuerfe,
Regierungsvorlagen und Initiativantraege), aus oeffentlichen Geldern
finanzierte Studien und dergleichen - soweit datenschutzrechtlich moeglich -
sollen ueber digitale Netze zugaenglich sein, da sie mit Steuergeldern
finanziert wurden. Dadurch werden demokratische Vorgaenge transparent.
Eine derartige Veroeffentlichungspflicht kann mittelfristig die derzeitigen
Kundmachungsvorschriften sinnvoll ergaenzen.
4. Medienrechtspolitik
Wir brauchen dringend ein spezifisches Telekommunikationsrecht. Die bestehende
Gesetzeslage fuehrt zu einer absurden Ausweitung der Haftung der Netzprovider
mit der Folge, dass geltendes Recht nicht angewandt werden kann. Notwendig ist
vor allem eine Abgrenzung der Verantwortung des Netzproviders und seiner
Kunden. Die Vergabe von Bewilligungen fuer Netzprovider ist an die Einhaltung
der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen zu knuepfen.
5. Forschungsprojekte
Wir stellen fest, dass experimenteller Umgang in Versuchsanordnungen mit den
neuen Medien als Optionen zu Industriestandards einen wesentlichen Beitrag zur
Formierung und Sozialisierung neuer Technologien bildet. Forschungsprojekte,
die zur gesamtgesellschaftlichen Produktion beitragen, stiften neue Formen der
Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Kunst, Technologie und Benuetzern. Diese
Forschungsprojekte erstellen das noetige Know-How und konzentrieren sich auf
auftauchende Problemstellungen. Nicht zuletzt werden die Arbeitsergebnisse
dieser Forschungsprojekte auch der Wirtschaft und Technologiefolgenabschaetzung
dienlich sein.
Im Ausland haben sich aehnliche Forschungsformen bereits als sehr erfolgreich
erwiesen, in Oesterreich jedoch fehlen solche Formen bislang voellig.
6. Die Oesterreichische Infomilliarde
Wir fordern eine Informationsmilliarde. Bangemann: "Jedem ECU fuer Technik
sollten 2 ECUs fuer Inhalte, Philosophie und Experiment entgegengehalten
werden". Waehrend der Straßenbau durch Sonderfinanzierungsgesellschaften
finanziert wird, ist dieser wichtige Infrastrukturbereich voellig
unterfinanziert.
Unterzeichnende:
Sabine Bitter, Juerg Meister, F. E. Rakuschan, Franz F. Feigl, Knowbotic
Research, Marie-Luise Angerer, Wolfgang Zinggl, Eva Wohlgemuth, Margarete
Jahrmann, Thomas Seifert, Sylvia Eckermann, Mathias Fuchs, Michael Pilz, Gerin
Trautenberger, Gipsy Loibl, Konrad Becker, Marie Ringler, Robert Adrian X,
Heide Grundmann