_{Herbert A. Meyer}

Abstract

Ob die Benutzung interaktiver Systeme als positives Erlebnis (User Experience, UX) wahrgenommen wird, wird oft aus subjektiven Urteilen der Benutzer während oder nach Vollzug der Handlung erschlossen. Es wird ein Ansatz vorgestellt, die Beurteilung von UX nicht direkt, sondern indirekt zu erfassen. Ausgangspunkt der Überlegungen ist ein theoretisch vorhersagbarer und empirisch abgesicherter Befund zum Erinnern der Dauer von Handlungen. Kurzweilig empfundene Zeitabschnitte werden im Rückblick länger eingeschätzt als gleichlang währende langweilige Zeitabschnitte. Es wird gefragt, ob dieser Zeitschätzungseffekt auch beim Benutzen interaktiver Systeme wirksam ist und zur UX-Beurteilung herangezogen werden kann. Wird die Benutzung positiv erlebt, könnte die erinnerte Dauer systematisch überschätzt werden - und umgekehrt. Zur Überprüfung der Frage wird ein System verwendet, dessen Benutzung bezüglich UX unter verschiedenen Bedingungen unterschiedlich wahrgenommen werden könnte. Realisiert werden die Bedingungen durch systematisch variierte Antwortzeiten. Aus der Mensch-Technik-Forschung ist bekannt, dass lange Antwortzeiten häufig als hinderlich und unangenehm beurteilt werden. In einem Laborexperiment mit einer simulierten Fotoalben-Website kann dieser Effekt zuverlässig erzeugt werden. In weiteren Experimenten wird bei unveränderten Versuchsbedingungen wiederholt registriert, dass auch der Zeitschätzungseffekt mit den systematisch manipulierten Antwortzeiten korrespondiert. Je weniger hinderlich das interaktive System wahrgenommen wird, desto mehr wird die Dauer der Benutzung im Nachhinein überschätzt.

Keywords

User Experience, Zeitschätzung, Zeiterleben, Usability Testing.