-
Meyer, H.A., Hänze, M., Güntekin, E., Grebe, M., Brede, P. & Hildebrandt, M. (1999).
Der Computer als Bremsklotz und Schrittmacher: Funktionen von
Wartezeiten beim Explorieren von Web Sites.
Vortrag im Rahmen der Tagung "German Online Research '99", Nürnberg.
- Abstract
Bei Benutzerumfragen zu Problemen beim Umgang mit dem World Wide Web
werden an erster Stelle regelmäßig zu lange Wartezeiten genannt.
Doch finden sich kaum systematische Untersuchungen zu kognitiven und
emotionalen Auswirkungen der Wartezeiten. Geleitet von
kognitionspsychologischen Überlegungen zum Arbeitsgedächtnis und zur
Zeitwahrnehmung untersuchten wir, ab welchem Zeitpunkt die
Systemresponsezeit (SRZ) beim Explorieren einer Web Site als
emotional belastend empfunden wird. In einer einfachen
Versuchsanordnung sollten sich Probanden Fotografien der Werke
renommierter Modedesigner ansehen, also Models auf dem Laufsteg.
Dabei konnten sie frei zwischen mehreren Fotoreihen hin und her
wechseln. Die Untersuchung fand im Labor an einem Einzelplatzrechner
statt, um die Kontrolle der Versuchssituation zu gewährleisten. Die
SRZ wurde in einem Bereich zwischen 0,5 und 3,5 Sekunden variiert
(between-subjects Manipulation).
Nachfolgende Stimmungstest zeigten, dass eine emotionale Belastung
erst ab einer SRZ von drei Sekunden eintrat. Weiterhin wurde die
Dauer der Beschäftigung mit den einzelnen Informationseinheiten
registriert (Verweilzeit). Das erstaunliche Ergebnis: Je länger die
Probanden auf eine Seite warten mussten, desto länger sahen sie sich
diese Seite auch an. Offenbar brachte eine längere SRZ die Probanden
in einen langsameren Betrachtungsrhythmus. Allerdings sank die
Verweilzeit, wenn die SRZ allzu lang wurde, d.h. von negativen
Emotionen begleitet wurde. In dem Bereich über drei Sekunden
funktionierte der Computer also - bildlich gesprochen - wie ein
Bremsklotz. Unterhalb der Drei-Sekunden-Grenze spielte er dahingegen
die Rolle eines Schrittmachers. Der Mensch hielt hier mit dem System
Schritt - nicht umgekehrt! Da die Synchronisierung zwischen SRZ und
Verweilzeit in einer Replikationsstudie abermals nachgewiesen werden
konnte, und in einem adaptiven Wiedererkennungstest zudem kognitive
Auswirkungen der SRZ festgestellt werden konnten, plädieren wir bei
der Entwicklung zukünftiger Hypertext-Anwendungen für den Einsatz
eines kognitionspsychologisch abgesicherten 'time designs'.
- Computers as Pacemakers: The Influence of System Response Time on
Navigating Through Hypertext
Surveys consistently report long system response times (SRT) among
the major problems in World Wide Web usage. Systematic studies on
the cognitive and emotional impacts of such delays, however, are
rare. Approaching this problem from the perspective of cognitive
psychology, and based on theories of memory and time perception, we
investigated the threshold at which system response times become
annoying. Participants in our study explored a Web Site consisting
of 1300 fashion photographs, i.e. catwalk shots from designer shows.
The users could browse freely among the various collections. To
maintain control over the experimental situation, the study was
conducted in the laboratory on a PC workstation. SRT was manipulated
(between-subjects) in a range of 0.5 to 3.5 seconds.
Mood rating tests confirmed our hypothesis that SRT becomes annoying
only at SRT of three seconds and over. We also recorded residence
time for each chosen HTML file, i.e. the time the user viewed each
separate page. An astonishing pattern emerged: the longer
participants had to wait for delivery of a page (i.e. the longer the
SRT), the longer they actually viewed the page. Apparently, longer
SRT induced a slower pace of perception and navigation. However, at
the critical point of three seconds SRT, this linear relation broke
down and residence time dropped. This was also the time when
negative emotions appeared. Above this threshold, figuratively
speaking, the computer became the break block of the user dialogue.
Below, it worked almost like a pacemaker. To emphasize, it is the
human who keeps the computer's pace, not the other way around! A
replication of this study showed the same pattern of synchronization
between SRT and residence time, and also revealed cognitive
correlates of this effect in an adaptive recognition test. Based on
these results, we firmly advocate a cognitively sound 'time design'
for the development of future computer interfaces.
|
|
- Adressen
-
- Projekte
-
- Lehre
-
- Publikationen
-
- Verschiedenes
-
2006-11-06
|