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Hermanns, U., Meyer, H.A. & Wissner, G. (1995). Interfiction. Perspektiven und Mythen von
Gegenöffentlichkeit in Datennetzen/Perspectives and myths of counter-public
in data-nets. Einführender Vortrag zur interdisziplinären Sektion "interfiction" des 12. Kasseler Dokumentarfilm- & Videofestes, Kulturhaus Dock4, Kassel.
- Zusammenfassung
Die globale Datenvernetzung ist in aller Munde. In Politik
und Wirtschaft entstehen Initiativen, die den weiteren
Ausbau der Netze im großen Stil planen und fördern. Ziel
dieses Engangements ist eine effizienzorientierte und
wirtschaftzentrierte Nutzung der neuen
Kommunikationsstrukturen. Diese Projekte sind in vielen
Bereichen bereits funktionsfähig und werden von einem
besonders neugierigen Teil der Bevölkerung auch schon
benutzt. Man kann diese Entwicklung jedoch auch skeptisch
beurteilen. Das Reisen auf der Datenautobahn und der Besuch
von virtuellen Warenhäusern unterscheidet sich nämlich
nicht sonderlich vom alltäglichen Einkauf und vom
Zeitungslesen. interfiction stellt sich nun die Frage, wie
diese multifunktionalen Kommunikationsstrukturen auf eine
innovative und unkonventionelle Art und Weise benutzt
werden können. interfiction möchte diese neuen
Möglichkeiten aus einer anderen Perspektive vorstellen und
den Schwerpunkt auf die Diskussion einer
'gegenöffentlichen' Netznutzung legen.
Gegenöffentlichkeit ist selber zum Mythos geworden.
Die Vorstellung, daß ein kritischer Umgang mit Medien
zwangsläufig zu einer Umgestaltung der Gesellschaft
führt, ist veraltet. Die Datennetze bieten jedoch eine
neuen Anlaß, diesen Mythos konstruktiv zu verwenden.
Netzprojekte versuchen, fasziniert durch die Potentiale des
Netzes, die mythischen Dimensionen der elektronischen
Struktur zu aktualisieren. Schlagworte dazu sind
Globalisierung, Demokratisierung und freier Zugang zu
Informationen. So ist es innerhalb des Internets
beispielsweise möglich, unmittelbar auf das gesamte
Datenmaterial zuzugreifen. Da in der 'realen' Welt jedoch
keine globale Verbreitung von Rechnern gegeben ist, ist das
Internet kein wirklich globales Netz. Das Schlagwort
Demokratisierung ist ähnlich skeptisch zu betrachten.
Immer wahrscheinlicher wird es, daß die neuen
Kommunikationstechnologien einfach um die alten Strukturen
ranken, diesen zwar partiell neue Möglichkeiten schaffen,
wobei deren Organisation aber unbeschadet bestehen bleibt.
Es gibt also einen neuen 'Mythos Gegenöffentlichkeit' in
Datennetzen, der einen grundlegend ambivalenten Charakter
hat. Die Welt wird keineswegs automatisch zu einem globalen
Dorf. Genausowenig wird die Datenvernetzung zu einer
automatischen Demokratisierung führen.
Die netzspezifischen Mythen werden aber für die von
uns eingeladenen Netzprojekte zu einem Anhaltspunkt, wenn
es um konkrete Umgangsweisen und Strategien in Datennetzen
geht. Im Gegensatz zu einer rein effizienzorientierten
Anwendung versuchen diese Projekte auf netzadäquate und
innovative Art und Weise Kommunikation und Interaktion zu
ermöglichen. Dieses ist genau das Thema, das interfiction
bearbeiten will. interfiction möchte ein möglichst
breites Spektrum von Initiativen vorstellen, die in den
Bereichen Kunst/Kultur, Stadt, Universität und
Journalistik arbeiten, und sowohl Internet/WWW als auch
Mailbox-Systeme benutzen.
- Abstract
The global data-network is on everyone's lips. Initiatives
that plan and promote the further extension of the nets in
the big style originate in politics and economy. Goal of
this engangement is an efficiency-oriented and economy-
centered utilization of the new structures of
communication. The capacity of these projects is already
proven within a wide range of areas and especially curious
people are working with it yet. However, one can also judge
this development skeptically. Traveling on the data-highway
and the visit of virtual department stores doesn't differ
from the everyday purchase and from newspaper-reading
particularly. interfiction lays attention on the question
how these multi-functional communication-structures can be
used in an innovative and unconventional type and manner.
interfiction would like to introduce these new
possibilities from another perspective and sets the main
focus on the discussion about counter-public net-
utilization.
Counter-public has turned itself into the myth. The
idea that a critical contact with media leads inevitably to
a transformation of the society is obsolete. However, the
data-nets offer a new occasion to use this myth
constructively. Net-projects try, fascinated of the
potentials of the net, to update the mythical dimensions of
the electronic structure. Globalization, democratization
and free access to information are catchwords. So it is
possible within the Internet, for example, to ensure direct
access to the entire data-material. As long as 'in real
world' the distribution of the calculators is limited the
Internet is truly not a global net. The catchword
democratization has to be considered skeptically as well.
It becomes more and more evident that the new technologies
simply entwine itself around the old structures. So there
is a new myth of 'counter-public' with an inherent
ambivalent character. The world doesn't turn into a global
village automatically, just as the data-networks do not
inevitable render to a democratization.
Nevertheless the discussion about the net-myths could
engage a critical reflection on the use of data-networks.
The projects who were invited to the interfiction-workshops
try to enable communication and interaction on net-adequate
and innovative type and manner, what means in contrast to
pure efficiency-oriented projects. This is exactly the
topic, that interfiction wanted to process. The two-day
workshop took place at Dec the 8th and 9th 1995 to enable a
detailed and intensive discussion.
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19Aug99
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