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Meyer, H.A., Brede, P. & Hildebrandt, M. (eingereicht).
Der Computer als Schrittmacher:
Experimentalpsychologische Befunde zum Surfen im Internet.
Vortrag im Rahmen der 2. IN-TELE Konferenz, Jena.
- Abstract
Internetbasierte Lehr- und Lernmethoden sind, wie fast alle
Mensch-Computer Interaktionen, mit dem Problem der sogenannten
Systemresponsezeiten behaftet (SRZ; definiert als Zeiten zwischen
Benutzereingabe und der Antwort des Rechnersystems).
Insbesondere bei der Nutzung des World Wide Web werden SRZ
leidvoll als Wartezeiten erfahren und leistungsmaessige und
emotionale Beanspruchungen muessen in Rechnung gestellt werden.
Die Ernsthaftigkeit der Problematik ist durchaus erkannt, denn
nicht ohne Grund werden immer schnellere Netzverbindungen
gefordert und gefoerdert (z.B. Internet 2, G-Win). Doch wohin
fuehrt eine solche Loesung, hinter der sich die technologische
Maxime 'je schneller, desto besser' verbirgt?
In unserem Forschungsansatz bemuehen wir uns um die Bildung einer
Theorie, die die Auswirkung der SRZ auf die menschliche
Informationsverarbeitung erklaeren soll. Dabei beruecksichtigen
wir Erkenntnisse aus den schon seit laengerem mit
computergestuetzten Taetigkeiten beschaeftigten
Arbeitswissenschaften ebenso wie kognitionspsychologische
Ueberlegungen zum Arbeitsgedaechtnis und zur Zeitwahrnehmung.
Zur Pruefung der theoretischen Annahmen wurde eine neu
entwickelte experimentelle Versuchsanordnung eingesetzt, mit der
das Surfen im Internet unter kontrollierten Bedingungen im Labor
untersucht werden kann. Als Inhalt der frei zu explorierenden
Hypertextstruktur wurde ansprechendes Bildmaterial verwendet; die
Registrierung des Verhaltens erfolgte stets verdeckt. Folgendes
Befundmuster wurde erzielt.
Wie unsere theoretischen Ueberlegungen vermuten liessen, ergab
die systematische Variation der SRZ erst bei Zeiten groesser als
drei Sekunden eine emotionale Belastung. Spannend wird dieser
Befund durch ein flankierendes Ergebnis: bei SRZ unter drei
Sekunden, also bei unbelastet erlebten Zeiten, gab es einen
linearen Zusammenhang zwischen SRZ und Verweilzeit, d.h. je
laenger auf eine einzelne Informationseinheit gewartet wurde,
desto laenger war die durchschnittliche Beschaeftigungszeit
damit. Der Mensch bestimmte zwar darueber, was er sehen wollte,
doch wie lange er sich damit aufhielt, das wurde anscheinend
allein durch die SRZ bestimmt. Der Mensch hielt sozusagen mit
dem System Schritt. Da diese Synchronisierung nicht nur bei sehr
kurzen SRZ stattfand, sondern bis hin zur Drei-Sekunden-Grenze,
koennte der dargestellte Befund fuer die Entwicklung von
Bildungssoftware von grosser Bedeutung sein.
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19Aug99
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