Abstract
Der 'Information Superhighway' lockt experimentell arbeitende Psychologen
in zunehmendem Maße mit der Aussicht auf schnelle und einfache Datenerhebung.
Doch wie valide sind die Ergebnisse aus dem 'Virtuellen Labor'?
Der Beitrag
diskutiert methodische Vorbehalte und technische Einschränkungen, die bei
der Planung von Untersuchungen im Internet berücksichtigt werden sollten.
Anhand eigener Befunde und Erfahrungen aus verdeckten WWW-Feldexperimenten
zum 'mere-exposure'-Effekt und Java-basierten Versuchen zur Zeitwahrnehmung
werden Anwendungsgebiete aufgezeigt, in denen verteilte Netze und
plattformunabhängige Benutzerinterfaces (WWW-Browser) eingesetzt werden können.
Die verwendeten Untersuchungsmethoden eröffnen vor allem neue
Möglichkeiten bei der Analyse der
Mensch-Computer Interaktion und der (Reaktions-)Zeitmessung. Gleichzeitig
weisen die Studien aber auch auf die Anfälligkeit WWW-basierter
Versuchsanordnungen gegenüber bestimmten Rahmenbedingungen der
Versuchssituation, der eingesetzten Rechnerausstattung sowie der
Computererfahrung der Probanden hin. Die daraus folgenden kaum
vorhersagbaren Verzerrungen der Ergebnisse schränken u. E. die Anwendung
solcher Paradigmen in offenen 'Web-Experimenten' ein.
Im Hinblick auf die dargestellten Probleme des Experimentierens im
Internet wird vor einer unreflektierten Verwendung von online-Surrogaten
herkömmlicher experimenteller Paradigmen gewarnt. Eine möglichst genaue
Kontrolle der Versuchssituation ist Voraussetzung für die Minimierung
spezifischer Fehlerquellen, die sich beim Einsatz verteilter,
plattformunabhängiger Systeme zur Versuchsdurchführung ergeben.
Abschließend wird diskutiert, welche Chancen der Forschungskooperation im
Sinne eines 'polyzentralen Experimentierens' die Verwendung solcher Systeme
eröffnet.